Orientierung im Gelände mit Karte und Kompass wirkt heute beinahe altmodisch. Das GPS-Gerät ist eingepackt, die Outdoor-App läuft – wozu also Kartenlesen? Doch was tust du, wenn plötzlich der Akku deines Smartphones oder GPS-Geräts alle ist, das Gerät kaputt geht oder du keinen Empfang hast? Bist du abseits ausgetretener Pfade unterwegs, solltest du auch mit Karte und Kompass deinen Weg finden können.

Sich im Gelände zu orientieren, ist für Outdoor-Fans eine Kompetenz, ohne die es nicht geht. Dazu zählt auch der Umgang mit Karte und Kompass. Klar – in Zeiten von Google-Maps, Wander-Apps und professionellen GPS-Geräten ist das Thema Navigation einfacher geworden. Doch auch mit Karte und Kompass kannst du deinen Standort bestimmen und dich so im Gelände orientieren. Das kann auf abgelegenen Touren ziemlich nützlich, wenn nicht sogar überlebenswichtig sein.

Übrigens: Der Umgang mit Karte und Kompass ist nicht oldschool – ganz im Gegenteil. Sich mit Hilfe einer App oder eines GPS-Gerätes orientieren kann jeder – richtig mit Karte und Kompass umgehen hingegen nicht.

Tipp: Hilfreiche Outdoor-Plattformen wie Outdooractive, Alpenvereinaktiv oder Komoot bieten Routenplaner an, mit denen du dir individuelle Karten ganz einfach selbst ausdrucken und zur Orientierung auf deine Tour mitnehmen kannst.

Orientieren mit Hilfe einer Wanderkarte

Eine Karte ist nach wie vor eine verlässliche Hilfe in Sachen Orientierung. Hier gibt es grundsätzlich zwei Arten. Die erste ist die sogenannte planimetrische Karte. Sie zeigt das Gebiet als flache Oberfläche. Informationen zur Landschaft selbst gibt sie nicht. Dafür findest du Straßen, Wege, Flüsse, Bahnlinien, Dörfer, Städte und Seen. Die meisten Stadtpläne sind in dieser Art gehalten.

Zum Wandern solltest du allerdings immer die zweite Kartenart verwenden – eine sogenannte topographische Karte. Sie gibt dir zusätzlich Informationen über die Beschaffenheit des Geländes. Hügel, Berge, Wälder, Täler und Sümpfe sind markiert. Auch Höhenunterschiede kannst du einfach ablesen. Das ist entscheidend, um abzuschätzen, wie lange du für eine Strecke tatsächlich brauchst.

Als Maßstab empfiehlt sich eine Größenordnung zwischen 1:25.000 und 1:50.000, um alle Informationen bequem ablesen zu können. Auskunft über den Maßstab gibt dir der sogenannte „Bruch“. Das ist die schwarz-weiß gestrichelte Linie in der Ecke der Karte. Sie zeigt an, wie viele Zentimeter auf der Karte welcher Entfernung in der Realität entsprechen.

Kompass liegt auf einer Wanderkarte, um sie nch Norden auszurichten.

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Wo ist Norden? Die wichtigste Frage beim Kartenlesen

Beim Kartenlesen musst du dir eine Frage immer als erstes stellen: Wo ist Norden? Ohne dieses Wissen kannst du deinen Standort nicht bestimmen und somit auch deinen Weg nicht finden. Deshalb erklären wir dir Schritt für Schritt, wie du vorgehst:

Auf deiner Karte ist Norden immer oben. Um dich mit deiner Wanderkarte zu orientieren, musst du zunächst die Karte mit deiner Umgebung in Übereinstimmung bringen. Das heißt: Du solltest mit deiner Karte in der Hand genauso dastehen, dass der obere Rand deiner Karte auch in die tatsächliche Himmelsrichtung Norden in deiner Umgebung zeigt. Dann kannst du das Kartenbild mit deiner Umgebung vergleichen. In welcher Richtung Norden liegt, findest du mit einem Kompass heraus.

Die Himmelsrichtung mit dem Kompass bestimmen

Die einfachste Möglichkeit, um herauszufinden, wo Norden ist, ist wohl das sogenannte „Einnorden“ mit dem Kompass. Dafür eignet sich ein Lineal-Kompass am besten. Du stellst die Nordmarkierung (rot) der Kompassrose auf die Nordmarkierung des Gehäuses. Dann legst du den Kompass auf deine Wanderkarte. Richte ihn so aus, dass er mit der geraden Seitenkante an einer Nord-Süd-Gitterlinie anliegt oder mit der Querkante unter einen Ortsnamen (Ortsnamen stehen nämlich fast immer in West-Ost-Richtung). Alternativ kannst du den Kompass auch an die jeweilige Außenkante deiner Karte anlegen.

Jetzt drehst du die Karte mit dem Kompass darauf so lange, bis die Kompassnadel auf „Norden“ zeigt. Karte und Kompass zeigen nun genau in Richtung Norden.

Du kannst die Karte auch ohne Kompass nach Norden ausrichten – nämlich mit Hilfe von Landmarken. Befindest du dich etwa auf einer Straße entlang einer markanten Gebirgskette, drehst du die Karte solange, bis die Gebirgskette auf der Karte in derselben Richtung liegt wie in Wirklichkeit. Je mehr Orientierungspunkte du dabei findest und in Einklang mit der Karte bringst, desto genauer wird deine Ausrichtung.

Standort mit Karte und Kompass herausfinden

Um deinen Standort mit Hilfe von Karte und Kompass herauszufinden, gibt es die Technik der „Kreuzpeilung“. Wie diese funktioniert, erfährst du im Video von Kai Sackmann:

Tipp: Kai Sackmann hat auf seinem Youtube-Kanal noch einige andere sehr hilfreiche Videos zur Orientierung mit Karte und Kompass veröffentlicht.

Offene Augen helfen bei der Orientierung im Gelände

Wie wichtig Landmarken als Orientierungspunkte sind, hast du nun schon gehört. Gehe also immer mit offenen Augen durch die Natur. Am besten, du siehst dich während deiner Wanderung immer wieder um und prägst dir markante Punkte in der Landschaft ein. Gibt es etwa freistehende Bäume, einen Flusslauf mit einer markanten Biegung, einen Kirchturm im nächsten Dorf, ein Kreuz am Wegesrand oder einen markanten Berggipfel in der Ferne zu sehen? Das alles kann dir bei der Orientierung im Gelände helfen.

Wirf auch immer wieder einen Blick über die Schulter und sieh dir an, wo du hergekommen bist. Aus der entgegengesetzten Richtung sieht das Gelände oft anders aus. Den Weg zurück findest du so schon einmal wesentlich einfacher. Wir verlaufen uns nämlich meist genau dann, wenn wir nicht mehr nachvollziehen können, wo wir eigentlich hergekommen sind.

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Du hast dich verlaufen? Was nun?

Du hast dich so richtig verirrt und kannst weit und breit keinen Wegweiser oder eine Landmarke finden, die dir bei der Orientierung helfen? Zunächst einmal: Keine Panik! Bewahre Ruhe und versuche dich mit unseren Tipps zu orientieren. Je nachdem, wo du dich befindest, musst du jetzt genau abwägen, welches Verhalten das Richtige ist. Besonders in den Bergen, vor allem in den Alpen gilt: Wandere nicht einfach ziellos weiter! Im Ernstfall kann es jetzt die richtige Entscheidung sein, an Ort und Stelle zu bleiben. Weshalb genau, erfährst du jetzt.

Bereits vor deiner Tagesetappe solltest du in deiner letzten Unterkunft, bei Familienangehörigen oder Freunden möglichst genaue Angaben zu deiner geplanten Tour und ihrer Dauer hinterlassen. Wirst du nun vermisst, können die Rettungskräfte ziemlich genau einschätzen, wo sie dich suchen müssen. Entfernst du dich hingegen immer weiter von deiner ursprünglichen Route, erschwert das die Suche. Die Retter werden dort nämlich erst einmal gar nicht suchen. Zusätzlich solltest du versuchen, auf dich aufmerksam zu machen. Das klappt am besten mit dem alpinen Notsignal.

Wanderkarte der Stadt Innsbruck.

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Das alpine Notsignal

Um in den Bergen Hilfe zu rufen, wenn du gerade kein Smartphone zur Hand hast, benutzt du am besten das alpine Notsignal: Sechs Mal in der Minute Zeichen geben (zwischen den einzelnen Zeichen von 21 bis 30 zählen), dann eine Minute Pause, dann das Zeichen wiederholen, so lange, bis Antwort kommt.

Das alpine Notsignal kannst du sowohl akustisch absetzen (mit einer Trillerpfeife) als auch visuell. Dafür eignen sich ein Leuchtsignalstift sowie eine Stirn- oder Taschenlampe. Einige Lampen besitzen bereits eine eingebaute Funktion für optische Notsignale. Derjenige, der antwortet, setzt in der Minute übrigens drei Signale ab.

Auch dauerhafte Signale sind wichtig: Falls es Witterung und Bewuchs zulassen (Achtung Waldbrandgefahr!) kannst du nachts ein Lagerfeuer entfachen. Untertags kannst du zum Beispiel auch deinen Biwaksack an einer gut sichtbaren Stelle aufhängen, so dass Rettungskräfte von der Ferne auf ihn aufmerksam werden. Möglichst krasse Farbkontraste sind dabei in der Natur am weitesten sichtbar.

Fazit: Wie du dich im Gelände richtig orientierst

Mit diesen Tipps solltest du deinen Weg beim Wandern und Trekken mit Hilfe von Karte und Kompass finden können. Wie immer gilt auch hier: Vorbereitung ist alles. Am besten, du schaust dir schon vor deiner Wanderung die Karte genau an und prägst dir die Landschaft sowie deine Route ein. Fühlst du dich bei der Orientierung im Gelände dennoch unsicher, dann suche dir einfach eine Tour aus, die nicht so abgelegen und etwas stärker frequentiert ist. Andere Wanderer oder Hüttenwirte helfen dir sicher immer gerne weiter, wenn du sie nach dem Weg fragst.

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