Kanada ist uns kulturell so ähnlich, dass ein Kulturknigge-Beitrag eigentlich gar nicht notwendig ist. Dennoch gibt es Verhaltensregeln, die in diesem Outdoor-Paradies wichtiger sind als anderswo. Deshalb haben wir dir hier zusammengefasst, wie du dich auf deinen Streifzügen durch die kanadische Wildnis korrekt verhältst.

Als eines DER Sehnsuchtsländer für Outdoorliebhaber ist Kanada zugleich eines der am leichtesten zu bereisenden Länder der Welt. Mit einem EU-Pass kannst du visumsfrei einreisen und dich in der endlosen Wildnis des Landes verlieren, sei es beim Wandern, Mountainbiken, Kanu– oder Skifahren.

Durch seine zahlreichen Nationalparks, die tiefen Wälder und den kaum besiedelten, arktischen Norden gibt es in Kanada unendliche Möglichkeiten, die Zivilisation für Tage, Wochen oder gar Monate hinter sich zu lassen – und das unterstützt durch eine top Infrastruktur, wie sie nur in hochentwickelten Industrienationen zu finden ist. Das weitverzweigte Busnetz sowie die Camping-Einrichtungen in Nationalparks suchen international ihresgleichen.

Ein Land des westlichen Kulturkreises – mit Besonderheiten

Hinzu kommt, dass du in Kanada zwar durchaus auf andere Kulturen und deren Gewohnheiten triffst, die Verhaltensregeln jedoch generell den unseren sehr ähneln. Fingerspitzengefühl ist im Umgang mit den First Nations, der indigenen Bevölkerung Kanadas, gefragt, denen in der Vergangenheit ein genauso leidvolles Schicksal wie den US-Ureinwohnern widerfahren ist. Es ist sicher kein Fehler, sich im Vorfeld zu diesem sensiblen Thema zu informieren, damit du nicht unbeabsichtigt in ein Fettnäpfchen trittst.

Ebenfalls potenziell herausfordernd im Umgang, wenn auch aus völlig anderen Gründen, sind die Frankokanadier in Québec. Französisch ist hier eindeutig die Hauptsprache, und in ländlichen Gegenden kann es dir durchaus passieren, dass du mit Englisch nicht weiterkommst und auf wenig Gegenliebe stößt, wenn du kein Französisch kannst. Québec hat in der Vergangenheit immer wieder Bestrebungen gezeigt, sich von Kanada unabhängig zu erklären und ist tatsächlich kulturell vom englischsprachigen Teil des Landes zu unterscheiden. Definitiv ein spannender Teil Kanadas!

Abgesehen von kleinen Unterschieden wie, dass du im Restaurant einen Tisch zugewiesen bekommst, anstatt ihn dir selbst zu suchen, kannst du dich jedoch auf deine eigene Kinderstube verlassen. Daher schreiben wir in dieser Ausgabe unseres Kulturknigges über ein sehr outdoorspezifisches Thema: Wie du dich angemessen in der Wildnis Kanadas verhältst.

Wanderer mit Trekkingrucksack in der kanadischen Wildnis.
Kanada bietet eine atemberaubende Natur- und Tierlandschaft. Gerade in der Wildnis sind bestimmte Verhaltensregeln besonders wichtig.

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Zu Gast in der Wildnis – so verhältst du dich richtig

Eine grundsätzliche Sache zuerst: Du bist Gast im Wohnraum wilder Tiere, nicht umgekehrt. Verhalte dich also rücksichtsvoll und aufmerksam. Zwischenfälle sind meistens nicht auf das Fehlverhalten der Tiere zurückzuführen.

Wenn du vorhast, in der Wildnis unterwegs zu sein, halte dich an folgende Regeln:

Umgang mit Tieren in der Wildnis

Informiere dich bei den örtlichen Behörden und Touristeninformationen darüber, ob sich in der von dir ausgewählten Gegend wilde Tiere aufhalten. Wenn du glaubst, dass du dich einem wilden Tier genähert hast: Gib ihm genügend Raum, sich zurückzuziehen. Idealerweise bist du nicht allein unterwegs und machst durch lautes Sprechen und Singen auf dich aufmerksam. So warnst du das Tier rechtzeitig. Denke immer daran: Im Zweifelsfall steht dein Überleben und das des Tieres auf dem Spiel.

Solltest du auf Losung, Tatzenspuren oder mit Krallen bearbeitete Baumstämme treffen, ist dies ein Indiz dafür, dass du in das Revier eines Bären eingedrungen bist. Am besten, du verlässt die Gegend unverzüglich und ruhig. Das Gleiche gilt, wenn du einen großen Tierkadaver findest.

Verhaltensregeln Kanada: Ein Schild weist auf Grizzly und Schwarzbären hin.
Informationsschilder geben Hinweise darauf, welche Wildtiere sich in der näheren Umgebung aufhalten und wie man sich richtig verhält. Schließlich ist der Mensch zu Gast in der Wildnis und nicht andersherum.

Campen/Lagern in der Wildnis

Wenn sich Tiere deinem Lager nähern, liegt das oft daran, dass sie verführerisches Essen bei dir gerochen haben. Achte daher darauf, dass du keine geruchsintensiven Dinge mit in dein Zelt nimmst. Dazu gehören auch Hygieneartikel wie Zahnpasta, aber vor allem Lebensmittel und Müll. Generell sollte immer alles gut verschlossen und verstaut sein. Solltest du die Möglichkeit haben, deine Vorräte auf einem Campingplatz in einem Schließfach oder einer Bärenbox zu verstauen, nutze sie.

Aufbau eines Zeltes in der kanadischen Wildnis.
Camping-Zelte sollten, sofern möglich, auf ausgewiesenen Plätzen aufgebaut werden. Lebensmittel, Hygieneartikel und Müll sollten immer gut verchlossen und abseites der Zelte verstaut werden. Zudem ist es empfehlenswert, die Vorräte und den Unrat an einem Seil in die Höhe zu ziehen.

In der Wildnis ist es am besten, deine Vorräte und deinen Müll vier Meter über dem Boden auf deiner Schnur zwischen zwei Bäumen aufzuhängen. Zwischen deinem Zelt, aufgehängten Vorräten und Kochstellen sollte so viel Abstand wie möglich sein.

Solltest du dich in der Wildnis durch Angeln versorgen, denke daran, die Innereien deines Fangs in Bächen mit schneller Strömung zu entsorgen, alternativ auch an einer tiefen Stelle im See. Auf keinen Fall solltest du dies in Ufernähe tun, da du so hungrige Bären anlockst.

Schwarzbär in der kanadischen Wildnis.
Schwarzbären sind keine Seltenheit in der kanadischen Wildnis.

Nimm zu Essen mit, wir fahr’n nach – Kanada

Je weiter du dich von den Ballungsräumen Kanadas entfernst, desto schwieriger wird es, an Vorräte zu kommen. Decke dich frühzeitig mit genügend Essen und Trinken ein und nimm auf jeden Fall Reservekanister mit Kraftstoff mit, solltest du mit dem eigenen Auto/Wohnmobil unterwegs sein.

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Was wir in Deutschland zumindest schon gewohnt sind, ist die nicht immer optimale mobile Netzabdeckung. Dies ist in Kanada nicht anders, wobei dies im Gegensatz zu daheim der Größe und Einsamkeit des Landes geschuldet ist. Deshalb ist es nicht immer möglich, im Notfall Hilfe zu rufen. Ein gutes Erste-Hilfe-Kit und Ersatzreifen solltest du auf jeden Fall dabeihaben und bei extremen Touren vielleicht ein Satellitentelefon im Wagen. Im Winter ist außerdem eine Schaufel sehr nützlich: Die Schneemassen, die Kanada jedes Jahr über Monate begraben, sind nicht mit den europäischen zu vergleichen.

Die absolute Maxime jedes Wildnistrips in Kanada sollte lauten: Safety first! Du bist wahrscheinlich nicht darauf aus, für ein Reisefoto dein Leben zu riskieren – also verhalte dich auch so. Wir wünschen dir eine fantastische Reise nach Kanada.