Der Himmel zieht zu, die Wolken türmen sich auf und innerhalb einer Viertelstunde entlädt sich ein heftiges Gewitter – im Sommer ist dieses Szenario keine Seltenheit. Wer bei so einem Wetterumschwung mit dem Zelt unterwegs ist, sollte ein paar wichtige Verhaltensregeln beachten. Zusammen mit unserem Mitarbeiter und Outdoor-Experten Michael Bösiger erklären wir, worauf es beim Zelten bei Gewitter ankommt.

In den Bergen kann es im Sommer zu rasch aufziehenden und besonders heftigen Wärmegewittern kommen. Oft sind sie von starkem Regen, Windböen oder sogar Hagel begleitet. Bist du jetzt darauf angewiesen, im Zelt zu übernachten, ist es wichtig, einen geeigneten Platz für dein Zelt zu finden, der möglichst viel Sicherheit bietet – nicht nur vor Blitzeinschlag.

Die Gefahr vom Blitz getroffen zu werden, ist nicht zu unterschätzen. Du solltest jedoch auch die anderen Gefahren eines Unwetters im Blick behalten: Sturm kann dein Zelt zerstören und aus der Verankerung reißen. Starkregen kann es unter Wasser setzen und durchnässen. Im schlimmsten Fall entwickeln sich Sturzbäche oder sogar Erdrutsche. All das solltest du im Hinterkopf behalten, wenn sich ein Unwetter zusammenbraut.

Tatonka-Tipp: Die wichtigste Regel lautet immer das Wetter zu beobachten!
Checke am besten bereits vor deiner Tour den Wetterbericht und informiere dich auch unterwegs regelmäßig, ob ein Wetterumschwung oder eine Gewitterfront aufzieht. Kehre im Zweifel lieber um oder suche rechtzeitig Schutz. Auch bei warmen Temperaturen solltest du nicht ohne wasserdichte, wärmende Kleidung losziehen. Besonders in den Bergen gehen Gewitter oft mit heftigen Temperaturstürzen einher.

Gewitterwolken über einer Wiese in den Bergen.

Schutz suchen: Bei Gewitter ist ein Zelt kein sicherer Ort

Wenn es möglich ist, solltest du – besonders in den Bergen – stets Schutz in einem festen Gebäude, etwa einer Schutzhütte suchen, falls ein Gewitter aufzieht. Auch ein Fahrzeug, falls in der Nähe, wäre ein sicherer Ort. Ein Zelt bietet vor Blitzeinschlägen keine Sicherheit.

Anders als zum Beispiel ein Auto, ist ein Zelt kein faradayscher Käfig, der in der Lage ist, elektrische Ladungen über die Oberfläche zu verteilen und in den Boden weiterzuleiten. Schlägt der Blitz tatsächlich in ein Zelt ein, fließt er meist ungleichmäßig verteilt über das Gestänge in die Erde ab. Dabei überspringt und durchschlägt er isolierte Stellen. Im Erdreich bildet sich ein Spannungstrichter. Hier besteht die Gefahr von Schrittspannung.

Befinden sich Personen in der Nähe des Zeltgestänges, deren Körper besser geerdet ist als die benachbarten Zeltstangen, besteht die Gefahr eines Funkenüberschlags. Das ist lebensgefährlich, denn dann würde Strom durch den Körper fließen.

Das Zelt bietet gegen Blitzeinschläge also keinen Schutz. Hast du – zum Beispiel auf einer Trekkingtour – nicht die Möglichkeit dich woanders in Sicherheit zu bringen, sind der Standort deines Nachtlagers sowie einige Verhaltensregeln umso entscheidender.

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Zeltplatz – Wo ist der Standort mit dem geringsten Risiko bei Gewitter?

Um das Risiko eines Blitzeinschlags in dein Zelt zu minimieren, sollte dein Zeltplatz ein paar wichtige Kriterien erfüllen:

Exponierte Stellen wie Hügel, Bergkämme oder Uferkanten solltest du meiden.

Auch am Waldrand sowie unter frei stehenden Bäumen (!) darfst du dein Nachtlager bei der Gefahr eines Gewitters auf gar keinen Fall aufschlagen. Innerhalb eines gleichmäßig hoch bewachsenen Waldes ist das Risiko eines Blitzeinschlags dagegen nicht höher als an anderen Orten.

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Zu den Zelten

Kannst du auf die Schnelle keinen geeigneten Zeltplatz finden oder ist das Gewitter bereits zu nah, macht es unter Umständen Sinn, auf den Aufbau des Zelts zu verzichten. Vielleicht findest du eine Schutzhütte, einen Felsvorsprung oder eine Höhle, in der du das Gewitter abwarten kannst.

Wichtig: Gegenstände aus Metall, wie zum Beispiel Wanderstöcke, Eispickel, Steigeisen, Karabiner aber auch Kochgeschirr wie Kocher, Töpfe, Tassen, etc., können Blitze anziehen. Bewahre sie einige Meter entfernt auf – am besten wasserdicht verpackt an einer geschützten Stelle. Das gilt auch, falls du dich in der Nähe eines Klettersteigs befindest: Die Eisenleitern und Stahlseile leiten besonders gut. Halte hier genügend Sicherheitsabstand!

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Eichen sollst du weichen, Buchen sollst du suchen?

Der Ratschlag des Volksmunds, bei Gewitter Schutz unter einer Buche zu suchen, ist übrigens schlicht Unsinn. Alle Baumarten sind gleich stark gefährdet, vom Blitz getroffen zu werden.

Allerdings nehmen sie unterschiedlich stark Schaden von einem Blitzeinschlag: Die zerklüftete, dicke Borke der Eiche saugt besonders viel Wasser auf. Die Flüssigkeit verteilt sich auf einer großen Oberfläche. Schlägt nun der Blitz ein, sehen die Schäden am Baum meist verherend aus.

Zelten bei Gewitter - Zerstörte Eiche nach Blitzeinschlag.

An Buchen mit ihrer glatten Rinde läuft das Wasser dagegen leicht ab. Das leitet den Blitz direkt in den Boden ohne, dass sichtbare Schäden entstehen. Die Gefahr für Schutzsuchende ist jedoch unter beiden Baumarten gleich groß.

Auch Strommasten und Hochspannungsleitungen solltest du übrigens meiden.

Noch mehr zum Thema findest du hier: Worauf es beim Zelten ankommt

Verhalten im Zelt bei Gewitter

Ist es zu spät das Zelt zu verlassen und an einem sicheren Ort Unterschlupf zu finden, solltest du dich wie folgt verhalten:

  • Berühre das Zeltgestänge und die Zeltwände nicht und halte dich möglichst in der Zeltmitte auf.
  • Geh in die Hocke, stelle deine Füße dicht nebeneinander, umschließe mit den Armen deine Beine und kauere dich zusammen. Bei einem Blitzeinschlag wird der Boden von Strom durchflossen. Berührst du den Boden an nur einem Punkt kannst du verhindern, dass Strom durch deinen Körper fließt (Schrittspannung).
  • Hock dich nicht auf den blanken Boden. Eine trockene Luftmatratze, eine mehrfach gefaltete Isomatte oder dein Trekkingrucksack können die Isolierung verbessern, so dass du weniger geerdet bist. Lass auch deine Wanderschuhe an.
  • Möglicherweise in das Zelt führende Stromkabel solltest du entfernen.
  • Weitere Hinweise findest du auf der Website des VDE.

Zelt richtig sichern – nicht nur vor Blitzschlag

Neben einem Blitzeinschlag können dir und deinem Zelt bei einem Unwetter auch andere Gefahren drohen: heftiger Regen und Sturmböen.

  • Starker Wind und Sturmböen
    Der Ort für dein Zelt sollte zwar einerseits windgeschützt sein. Andererseits bergen vermeintlich geschützte Stellen oft neue Gefahren. Bäume solltest du beispielsweise möglichst meiden. Hier können Äste abbrechen und auf das Zelt stürzen. Achte auch, ob sich Totholz in den Bäumen in deiner Nähe befindet, das besonders leicht herunter brechen könnte. Im schlimmsten Fall wird der komplette Baum entwurzelt.
    Weißt du bereits, dass es in deiner Region eine vorherrschende Windrichtung gibt, solltest du dein Zelt so ausrichten, dass es dem Wind eine möglichst kleine Angriffsfläche bietet. Der Eingang sollte auf der windabgeneigten Seite liegen.
    Verankerungen und Abspannleinen solltest du sorgfältig mit den passenden Heringen im Boden festmachen.
  • Starkregen als Gefahr bei Gewitter
    Große Wassermengen können dir und deinem Zelt ebenfalls schaden. In einer Senke kann angesammeltes Wasser dein Zelt unter Wasser setzen und dein Gepäck sowie deinen Schlafsack durchnässen.
    Die Nähe von fließenden Gewässern oder ausgetrocknete Bachbetten solltest du unbedingt meiden! Bei starken Niederschlägen können Bachläufe zu reißenden Strömen anschwellen und dein Zelt im schlimmsten Fall mitreißen.
    Doch auch Felswände und Hänge in der Umgebung solltest du dir genau ansehen, bevor du dein Zelt aufbaust. Denn bei Starkregen kann es zu Steinschlägen und Erdrutschen kommen. Achte drauf, woher im Falle eines Regengusses das Wasser kommen könnte und wohin es abfließen würde.

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Entfernung des Gewitters bestimmen

Woher weißt du, wie weit das Gewitter entfernt ist? Dafür gibt es eine einfache Regel:

Zähle, wie viele Sekunden zwischen Blitz und Donner liegen. Diese Zahl musst du mit 342 (Schallgeschwindigkeit) multiplizieren. Dann erhältst du die Entfernung des Gewitters in Metern.

Zelten bei Gewitter - Blitze am Himmel.

Liegen also beispielsweise 3 Sekunden zwischen Blitz und Donner, war der Blitzeinschlag etwas mehr als einen Kilometer entfernt. D. h. bei etwa 5 Sekunden oder weniger wird es gefährlich. Blitze können dem Gewitter allerdings manchmal um einige Kilometer voraus eilen. Zieht das Gewitter nicht in deine Richtung, bist du ab einem Abstand von 20 Sekunden zwischen Blitz und Donner auf der sicheren Seite.

Bis dahin kannst du nicht viel tun, außer Ruhe zu bewahren und die hier genannten Hinweise beachten. Und mit ein wenig Glück verzieht sich das Unwetter so schnell, wie es gekommen ist.

Hier noch ein paar Beispiele:

  • 9 Sekunden Das Gewitter tobt etwa in 3 Kilometer = Die Situation ist ungefährlich
  • 6 Sekunden Das Gewitter tobt etwa in 2 Kilometer = Das Gewitter kommt näher
  • 3 Sekunden Das Gewitter tobt etwa in 1 Kilometer = Jetzt wird’s langsam gefährlich
  • 1 Sekunde Das Gewitter tobt in etwa 300 Meter = ab jetzt sich Verhalten nach den untenstehenden Tipps