Ohne Berge geht’s nicht – das stellt Tatonka-Produktmanagerin Martina Länger immer wieder fest. Aus diesem Grund war sie vier Tage lang in den Stubaier Alpen unterwegs.
Eigentlich kann ich gar nicht genau sagen, warum ich so gerne in den Bergen unterwegs bin. Vielleicht hab ich‘s geerbt? Egal ob Sommer oder Winter, ob zu Fuß, mit dem Radl oder den Holzbrettln im Schnee – ich weiß nur: Ohne Berge geht’s bei mir nicht. Vielleicht aber wurde die Frage „Warum wir auf die Berge steigen?“ am besten von Sir Edmund Hillary beantwortet: „Weil sie da sind.“ Und weil es noch so viele Berge zu entdecken gibt, ging es im August auf eine Hüttentour in die südlichen Stubaier Alpen, die übrigens zu Südtirol gehören.
Die Tour ist im Buch „Hüttentreks“ von Mark Zahel zu finden und wird dort als Tour „Zwischen Ridnaun und Passeier“ beschrieben.
1. Tourtag: Vom Jaufenpass 2.000m zur Hochalm 2.174m, reine Gehzeit ca. 5 Stunden, ca. 640 hm bergauf
Von Sterzing geht’s erst noch mit dem öffentlichen Bus hoch zum Jaufenpass. Kurz unter der Passhöhe beginnt unsere Tour auf der Nordseite des Kammes. Für heute immer Richtung Westen und für die nächsten vier Tage nur noch zu Fuß. Noch eine gute Stunde lang hört man den Lärm der Passstraße und durchquert das Skigebiet Jaufenpass. Doch dann wechselt der Weg auf die Südseite, und wir haben das Gefühl, die Ruhe in den Bergen gefunden zu haben. Hoch über dem Passeiertal führt der Weg an der Fleckner Hütte vorbei, in der wir kurz einkehren.
Eigentlich geht unsere Tour weiter über die beiden Gipfel Fleckner und Saxner, aber da diese von Wolken verhangen sind, bleiben wir auf der Südseite auf dem Passeier Höhenweg. Wettermäßig bewegen wir uns zwischen einem Hoch im Süden und einem Tief im Norden. Und es steht noch nicht fest, welches von den beiden das Rennen macht. Unseren höchsten Punkt für heute, das Glaitner Hochjoch 2.389m, erreichen wir am frühen Nachmittag. Weil uns der Wind dort oben aber kräftig um die Ohren weht, schreiben wir nur einen kurzen Gruß ins Gipfelbuch, ziehen warme Sachen an und gehen weiter.
Nach kurzem, steinigem Abstieg führt der kaum erkennbare Weg über saftige Almwiesen immer noch hoch über dem Passeier Tal. Inzwischen hängen die Wolken wie dunkle Glocken über uns. Das Hoch im Süden hat sich leider nicht durchsetzen können, und es fängt an zu regnen. Jetzt wird’s höchste Zeit für Regenschutz. Kaum haben wir all unsere Regenjacken, Ponchos, Regenhüllen an- und übergezogen, zieht ein Gewitter auf.
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Durch den Regen wird der schmale steile Wiesenpfad schmierig, und es gilt Vorsicht für unser letztes Stück zur Hochalm, unserem heutigen Ziel. Der Hüttenwirt empfängt uns herzlich, und wir beziehen ein gemütliches Zimmer. Die warme Dusche, die es ja nicht auf jeder Berghütte gibt, nehmen wir gern in Anspruch.
Draußen tobt ein richtiges Unwetter. Umso mehr schätzen wir die warme Stube, in der uns der Hüttenwirt, der nebenbei auch noch Kochlehrer ist, wunderbare Südtiroler Gerichte serviert – vor allem einen der besten Kaiserschmarrn, den wir je gegessen haben (und mir ham scho viele Schmarrn gessn!!!). Einen schöneren Abschluss des Tages kann es kaum geben.
2. Tourtag: Von der Hochalm 2.174m zur Schneeberger Hütte 2.354m, reine Gehzeit ca. 4,5 Stunden, ca. 880 hm bergauf
7.30 Uhr: Das Wetter lädt noch nicht zum Wandern ein: Vier Grad, sehr windig und die Gipfel frisch verschneit. Daher entscheiden wir uns für ein ausgiebigeres und längeres Frühstück. Um 9 Uhr verabschieden wir uns von der besonderen Hochalm und sind uns einig, hierher irgendwann einmal zurückzukehren. Unsere heutige Etappe führt uns Richtung Norden und auf fußbreitem Pfad gleich steil bergauf. Rechts des Pfades steil hinauf, links steil hinunter bis ins Passeier Tal – da kommt einem der Begriff „absolute Trittsicherheit“ wieder in den Sinn. Teilweise ist der Weg zusätzlich mit einem Seil versichert. Das ist auch gut so, aber man sollte trotzdem unbedingt schwindelfrei sein. Für die Kraxelei braucht man beide Hände. Früh erreichen wir unseren heutigen höchsten Punkt, die Hochwart mit 2.607m. Leider weht auch hier wieder ein heftiger Wind, und es hält uns nicht lange dort. Noch bleiben wir auf schmalem Grat und in dieser Höhe, ehe es durch ein Schuttkar wieder bergab geht.
Unzählige Bäche überqueren wir, nur begleitet von Kühen und Schafen, und ab und zu pfeift ein Murmeltier. Nach dem Zwischenabstieg finden wir unter einem Felsblock einen windstillen Brotzeitplatz. Auf der Tafel liegen Pfefferbeißer, Schüttelbrot, Käse, getrocknete Aprikosen, Nüsse, Schoki und und und… Am zweiten Tag haben wir noch die volle Auswahl.
Da wir immer noch mit Mütze, Handschuhen und Jacken angezogen sind, zieht es uns bald weiter – stetig auf und ab, durch manche Scharte steil bergauf und über Wiesenhänge bergab. Herrliche Ausblicke gibt es überall. Wir sind fasziniert von der tollen Landschaft und dem kaum begangenen Weg, der ohne Markierung manchmal kaum zu erkennen wäre.
Langsam nähern wir uns der Schneeberghütte, unserem heutigen Quartier. Die Landschaft ändert sich, da wir nun durch das ehemalige Bergabbaugebiet von Schneeberg wandern. Auf über 2.000 Metern Höhe wurden hier bis 1967 Zink und Blei abgebaut. Leider wurde die Landschaft auch dementsprechend geschunden. Riesige Mengen Geröll bilden eine bizarre Szenerie. Wir kommen an vielen ehemaligen Stollen vorbei und stellen uns vor, wie hart die Arbeit hier oben gewesen sein muss.
Auch heute werden wir freundlich begrüßt und beziehen ein äußerst gemütliches Zimmer. Zwischen leckerem Kuchen und dem Abendessen bleibt noch Zeit für’s Bergwerkmuseum. Geschichtsunterricht in den Bergen, gepaart mit Gesteinskunde – eine spannende Mischung!
Nach so vielen Eindrücken verbringen wir eine sternenklare Vollmondnacht in karierter Bettwäsche und träumen schon vom nächsten Tag.
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3. Tourtag: Von der Schneeberger Hütte 2.354m zur Teplitzer Hütte 2.586m, reine Gehzeit ca. 6 Stunden, 1.260 hm bergauf
Der Morgen weckt uns mit strahlendem, tiefblauem Himmel. So blau ist der Himmel nur hier oben, glaubt man. Da wir sechs Stunden Gehzeit (ohne Pausen gerechnet) vor uns haben, brechen wir bereits um 7.45 Uhr auf. Es geht heute Richtung Nordosten. Bei teilweise Bodenfrost steigen wir zur Schneebergscharte auf. Dort oben auf 2.650m treffen uns die ersten Sonnenstrahlen und ein atemberaubendes Panorama erstreckt sich vor uns.
Das ist ein unglaubliches Geschenk! Auf der Sonnenseite der Scharte geht es gleich wieder in steinigen Serpentinen bergab. Die Sonne wärmt nun genügend, und wir können endlich die kurzen Hosen auspacken. Wir queren etliche steile Wiesen- und Felshänge mit spärlichen Markierungen und werden vom Geblöke unzähliger Schafe begleitet. Man hat das Gefühl, sie wollen mit uns sprechen. Der zweite Aufstieg des Tages zum heutigen höchsten Punkt, dem Egetenjoch auf 2.695m steht bevor, und schon bald kommen wir am smaragdgrünen Egetensee vorbei. Dies ist gleichzeitig der Beginn des Sieben-Seen-Weges, der übrigens auch als Tagestour vom Ridnauntal begangen werden kann.
Vom höchsten Punkt geht’s nun lange, lange bergab. Gefühlt an 70 Seen vorbei, einer schöner als der andere. An jedem wachsen Unmengen von Wollgras, das sich wie kleine Wattebäusche im Wind bewegt. Einen schöneren Ort zum Rasten gibt es nicht.
Immer noch bergab hören wir mindestens eine Stunde das Rauschen eines Wasserfalls immer lauter werden, ohne etwas davon zu sehen. Beim ersten Anblick dann können wir es kaum fassen. Riesige Wassermassen fallen vom Übeltalferner (einem großen Gletscher) durch eine steile Schlucht auf die Schwemmebene vor uns herab. Es ist eine Art Steinwüste, die durch die Wassermassen im Fluss geteilt wird. Unser heutiges Ziel, die Teplitzer Hütte, können wir gegenüber auf dem Berg hoch oben schon sehen. Wir wissen, dass wir zum Schluss noch einmal gute 300 Höhenmeter bergauf müssen. Zuvor gilt es aber den reißenden Gebirgsbach auf einer ziemlich wackligen Hängebrücke zu überqueren.
Dann geht es kaminartig steil nach oben. Die 300 Höhenmeter fühlen sich wie eine endlose Wendeltreppe an. Nach einem langen, aber eindrucksvollen Tag erreichen wir die Teplitzer Hütte. Von hier oben auf 2586m hat man einen grandiosen Blick. Die kompletten Dolomiten sind zu sehen, der Übeltalferner liegt quasi direkt vor der Hütte, das Becherhaus (die Nachbarhütte) ist nur ein Katzensprung entfernt. Lange genießen wir die Aussicht, bis sich die Sonne und wir für heute verabschieden.
4. Tag: Von der Teplitzer Hütte nach Maiern, reine Gehzeit ca. 4 Stunden, ca. 290 hm bergauf, ca. 1.400 hm bergab
Unsere letzte Etappe führt uns wieder nach Süden ins Ridnauntal. Aber zunächst geht es noch einmal bergauf. Wir wählen die Runde über den Hohen Trog auf 2.833m und den Pfurnsee, ehe wir endgültig absteigen. Der Anstieg zum Hohen Trog geht über Blockgelände steil bergauf, vorbei an vielen Schneeresten und noch gefrorenen Seen. In manchen schwimmen richtige Eisschollen. Hier war bis vor kurzem wohl auch noch Gletscher, was sich auch an den Gesteinsformen erkennen lässt. Sogar in dieser Höhe werden wir noch von vielen Schafen begleitet. Nach dem höchsten Punkt geht es 400 Höhenmeter steinig und steil bis zum Pfurnsee bergab.
Da es heute richtig warm ist und der Abstieg anstrengend, springen wir alle in den Bergsee. Wir rätseln noch über die Wassertemperatur des 2.457m hoch gelegenen Sees, ehe wir erfrischt und gestärkt weiter absteigen. Der Weg ist weiterhin anspruchsvoll. Steile Wiesenflanken mit Blick bis zum Talboden und noch ein paar seilgesicherte Felspassagen fordern uns. Am frühen Nachmittag erreichen wir die Aglsalm auf 2.004m. Wir rasten nur kurz, da wir immer noch fast 700 hm bergab müssen. Im Talboden auf ca. 1.700m machen wir eine abschließende Pause. Wir wollen uns langsam von der Tour und den Bergen verabschieden. Auf dem letzten Stück führt uns der Weg noch durch die Burkhardklamm. Ein gelungener Abschluss, ehe uns ein Taxi vom Talende Ridnauntal zurück nach Sterzing bringt.
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Fazit: Eine wunderschöne Tour durch einsame, abwechslungsreiche Landschaften. Hoch über den Tälern, nahe am oder auf einigen Gipfeln!
Lieben Dank an meine Mitwanderer Papa und meine beiden Schwestern Susi + Andi. Wohin geht’s nächstes Mal??