Wandern ist die Outdoor-Aktivität schlechthin, da du sie jederzeit an die eigene Kondition und Fähigkeiten anpassen kannst. Als reizvolle Variante für „Erlebnishungrige“ stelle ich das Wildniswandern vor und gebe viele praktische Tipps.
Wildniswandern – was ist damit gemeint?
Der Erlebniswert einer Wanderung kannst du um einiges steigern, wenn du dich der Herausforderung stellst, dich auch in weglosem Gelände vorwärts zu bewegen. Hier brauchst du etwas mehr Erfahrung als bei einer normalen Wanderung, eine Prise Mut und Intuition, also ein Gefühl für den Weg und das Gelände. Außerdem ist eine gute Vorbereitung und praxistaugliche Ausrüstung unabdingbar.
Bevor es losgeht, stelle dir die folgenden Fragen:
- Wie wird sich das Wetter entwickeln?
- Kann ich mich anhand einer Wanderkarte einigermaßen orientieren?
- Kenne ich die gesperrten Naturschutzgebiete? Diese sind in den Wanderkarten meistens eingezeichnet.
- Habe ich praxistaugliche Ausrüstung?
- Wer kommt mit mir mit?
Möglichkeiten für eine Wildniswanderung
- Sehr reizvoll ist es, einem Fluss zu folgen, entweder eine Teilstrecke oder vielleicht von der Mündung bis zur Quelle. Der Weg ist dann zwar vorgegeben, aber es ist wichtig, sich bewusst zu machen, dass du dich in der Wildnis bewegst. Kurze Umwege sind meistens immer dabei; ein unbegehbarer Abschnitt (Wasserfall/Felsbarriere/zu dichter Pflanzenbewuchs) kann den Weg direkt am Flusslauf streckenweise unmöglich machen. Es gilt die Devise „Safety first“, du solltest niemals große Risiken eingehen.
- Man lernt ein bereits bekanntes Gebiet neu kennen, indem du „mitten hindurch“ wanderst. Auch bei einer solchen Begehung solltest du immer die Karte des Gebietes dabeihaben. Als Grundsatz gilt hier: Der Weg ist das Ziel.
- Eine weitere Steigerungsmöglichkeit ist es, eine Begehung von zwei Tagen mit Übernachtung zu planen. Dann empfiehlt es sich, ein Tarp mitzunehmen – es ist ein idealer und multifunktioneller Sonnen- und Wetterschutz. Die wichtigste Regel lautet: Ich versuche, den Übernachtungsplatz so wieder zu verlassen, wie ich ihn aufgefunden habe.
Verhalten in der Natur
Selbstverständlich sollte folgendes Verhalten sein: Vermeide unnötigen Lärm, um Wildtiere nicht aufzuscheuchen. Beachte die gesperrten Gebiete. Versuche, den verursachten Schaden möglichst klein zu halten (Pflanzen, Tiere, Topografie). Jeglichen Abfall nimmst du wieder mit. Schließlich bist du in der Wildnis nur vorübergehender Gast.
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Feuer solltest du möglichst auf Steinen entfachen und vor Verlassen des Platzes komplett auslöschen. Sehr reizvoll ist es, Fleisch oder Gemüse auf einem heißen Stein zu grillen. Um heißes Wasser für Tee oder Kaffee herzustellen, kannst du eine gefüllte Edelstahlflasche ans Feuer stellen (unbedingt vorher den Verschluss entfernen, sonst entsteht ein Überdruck). Die wichtigste Regel lautet, sich der Umgebung anzupassen und nichts zu erzwingen.
Tipps zur Fortbewegung
Flussüberquerung
Bei der Überquerung eines breiten Flusses ist die „Christopherus-Methode“ angesagt: Du suchst dir eine starke, ungefähr zwei Meter lange Holzstange. Mit diesem Stock und deinen gespreizten Beinen bildest du ein starkes Kräftedreieck. Seitwärts gehend und leicht nach vorne gebückt durchquerst du den Fluss, dabei richtest du den Blick stets flussaufwärts. Die Holzstange hältst du mit beiden Händen und drückst sie etwa einen Meter vor dir auf den Flussgrund. Den Rucksack kannst du dabei anbehalten. Er gibt dir noch zusätzliche Stabilität durch sein Gewicht. Vorsicht: Kritisch wird es, sobald das Wasser über die Hüfte kommt, denn dann beginnt das Wasser, dich zu tragen. Wichtig ist, dass du die Schuhe anbehältst, denn nur so hast du sicheren Halt am Boden.
Gibt es keine Furt durch den Fluss, bleibt nur das Schwimmen. Der Rucksack muss dann entweder in einen dichten Schutzsack gepackt werden, oder die Ausrüstung wurde bereits vorher in kleineren, dichten Beuteln im Rucksack verstaut. Den Rucksack nun sicher am Seil anbinden und durch den See oder Fluss schwimmen, idealerweise an der Stelle, wo die Strömung am geringsten ist. Vorsicht: In einem Fließgewässer darfst du dich niemals an einem Seil anbinden, denn sollte sich das Seil an einem Hindernis verheddern, würdest du durch den Wasserdruck wie ein Anker nach unten zum Flussgrund gezogen. Also: Das Seil einfach in der Hand halten und den Rucksack mitziehen.
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Steiles Gelände
Hier bewährt es sich, ein ca. 20 Meter langes Seil zur Selbstsicherung dabei zu haben: Das Seil wird um einen Baum oder fest verankerten Felsen gelegt, und du seilst dich mit den Händen ab. Bei einer Querung spannst du am besten das Seil zwischen zwei Fixpunkten als zusätzlichen Halt für die Nachkommenden.
Allgemeine Empfehlungen
Aus Sicherheitsgründen solltest du möglichst nicht alleine unterwegs sein. Um sich im Wald bemerkbar zu machen, ist eine grellfarbige Regenplane nützlich. Eine Signalpfeife ist ungeeignet, da sie nur schwer von Vogelgezwitscher zu unterscheiden ist. Eine effektive Methode ist mit einem dicken Ast an Bäume zu klopfen, dieses Geräusch hört man sehr weit.
Wenn du weißt, wie schnell man sich durchschnittlich fortbewegt, kannst du besser planen. Als Schätzwerte gelten:
- mit leichtem Gepäck im flachen, gut begehbaren Gelände: 5 km/ Std
- mit schwerem Gepäck (Zweitagestour): 4 km/ Std
- mit Gepäck in weglosem Gelände, hügeligem Terrain: 3 km/ Std
- mit Gepäck in dicht bewachsenem, zerklüftetem Gelände: 2 km/ Std
Ausrüstungsliste Wildniswandern
Für eine einfache Wildniswanderung empfiehlt sich folgende Ausrüstung:
- Wanderrucksack oder Kletterrucksack mit ca. 25 Litern Volumen
- Erste-Hilfe-Set (hier gibt es verschiedene Größen, je nach Gruppengröße oder Tourdauer)
- Schweizer Sackmesser
- knöchelhohe Wanderschuhe mit gut profilierter Sohle: Der Vorteil von Schuhen mit einer Membran ist die Wasserdichtigkeit. Der Vorteil von Schuhen ohne Membran ist die schnellere Trocknungszeit (zum Beispiel bei einer Flussdurchquerung)
- Bekleidung: lange Hose, schnell trocknende Bekleidung aus Funktionsmaterial, eine leichte, wärmende Fleece- oder Softshelljacke
- Regenbekleidung
- Sonnenschutz (Kappe oder Hut)
- Sonnenschutzmittel, Zeckenschutzmittel
- Verpflegung und ca. 1 Liter Wasser in einer Trinkflasche oder Trinkblase
- Wanderkarte
Erweiterte Wildniswanderung für Fortgeschrittene:
- Bergseil, 20 m Länge
- Stausäcke in diversen Größen
- Karte, Kompass: Ideal sind Wanderkarten im Maßstab 1:25 000, bei noch größeren Maßstäben sind die Höhenlinien und wichtige topografische Informationen (Wald/Fels/Gefälle) zu ungenau oder gar nicht ersichtlich.
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Mit Übernachtung:
- Tarp
- Schlafsack, Isoliermatte
- Stirnlampe
- Streichhölzer, Feuerzeug, evt. Zunder
Dieser Artikel wurde im Mai 2013 veröffentlicht und im Juli 2024 überarbeitet.
(c) Bilder: Michi Bösiger