Auf dem kurzen Weg vom Bahnhof im autofreien Zermatt zur Gornergratbahn werden wir mit neugierigen Blicken asiatischer und anderen internationaler Reise-Gruppen gemustert. Kein Wunder, mit Eispickel, Steigeisen und Bergseil am Rucksack fallen wir auf. Auch wenn wir bei weitem nicht die einzigen Alpinisten sind.

Ich freue mich, den Entscheid gefällt zu haben, diese anspruchsvolle Tour durchzuführen. Klarer und blauer Himmel begrüßt uns. Stolz trohnt das Matterhorn über Zermatt. Sonnige Aussichten sind angesagt. Ein paar Tage zuvor hätten uns laut Wetterprognosen Gewitter erwartet.

Die Route zur Monte Rosa Hütte.

Bei der Station „Rotenboden“ kurz vor dem höchsten Punkt am Gornergrat startet der Trail. Wir verabschieden uns von der Zivilisation, genießen den wunderschönen Wanderweg hinunter zum mächtigen Gornergletscher.

Es gibt mehrere Wege hinauf zur Monte Rosa Hütte. Der aktuelle nennt sich „Panoramaweg“. Er bietet in der Tat einen fantastischen Blick über das Alpenpanorama inmitten der schönsten Walliser Viertausender. Noch ist die auf 2283 Meter gelegene SAC-Hütte nicht im Blickfeld. Die reine Wanderzeit dauert pro Tag ca. 4 bis 5 Stunden.

Nach einer Stärkung mit Tee und Knabbereien rüsten wir uns aus mit Steigeisen, Anseilgurt und Pickel. Eindrücklich sind die Rippen, Abbrüche und Formationen, die der Gletscher durch die Witterungsverhältnisse bildet. Bei der Querung danach sind die sichtbaren Spalten so tief und breit, dass wir uns zur Sicherheit anseilen. Problemlos finden wir den Weg durch dieses Labyrinth, auch dank den Markier-Stangen, die alle hundert Meter aus dem Eis ragen. Später wird uns der Hüttenwart erzählen, dass der Weg nahezu wöchentlich angepasst werden muss – so stark verändert sich der Gletscher und die alpine Landschaft.

Zur Sicherheit angeseilt. Michi Bösiger neben einer Gletscherspalte.
Ein Sprung über eine Spalte gehört bei Gletscherwanderungen dazu.
Manchmal sind die Gletscherspalten kleiner.

Die anschließenden ausgesetzten und anspruchsvollen Klettereien zwischen den Felsblöcken hindurch sind eindrücklich. Gletscherbach- und Brückenquerungen inklusive. Nach gut fünf Stunden (Picknick und Pausen für Fotos eingerechnet) präsentiert sie sich uns im Nachmittagslicht, die berühmte Monte Rosa Hütte! Irgendwo im Nirgendwo scheint sie aus dem Berg zu wachsen. Sie liegt auf einer Felsplatte unterhalb der 4634 Meter hohen Dufourspitze, dem höchsten Grenzberg zwischen Italien und der Schweiz. Nur der Mont Blanc ist noch höher.

Michi vor der Monte Rosa Hütte. Rechts neben ihm schlängelt sich der Gletscher hinunter.
Atemberaubende Gletscherlandschaft bei der Monte Rosa Hütte.

Die Monte Rosa Hütte ist einem Bergkristall nachempfunden und gilt als architektonisches Meisterwerk im gesamten Alpenraum. Der Hightech-Solitär hat acht Ecken, fünf Geschosse und 120 Plätze und ist vor allem eines: effizient. Das bedeutet: Die Monte Rosa Hütte deckt 90 Prozent ihres Energiebedarfs selber.

Die Monte Rosa Hütte im schweizerischen Wallis ist einem Bergkristal nachempfunden.

Beim verdienten Apero auf der Terrasse erspähen wir Steinböcke. Die Fassade schimmert golden im Abendlicht. Nach dem einfachen Vier-Gang-Menü wird es plötzlich ruhig in den Schlafsälen. Denn einigen Alpinisten steht eine kurze Nacht bevor: Sie wagen morgens um vier Uhr den Aufstieg auf den Gipfel der Dufourspitze. Wer es am nächsten Tag nicht eilig hat, genießt draußen in der Kälte wortlos das Rauschen der Gletscherwelt und den magischen Moment unter dem Sternenzelt.

Auch wir dürfen am nächsten Tag etwas länger im Bett liegen bleiben. Doch die anspruchsvolle Alpinroute zurück zur Gornergratbahn ist nicht ohne: Sie führt über steile Moränen, schroffe Felsen und eisige Gletscher. Die schönste Pause gönnen wir uns beim malerischen Gornersee kurz vor Gletscherbeginn. Diese Weite, diese Ruhe! Der alpine Höhepunkt krönt eine 15 Meter hohe Leiter, die durch eine Wand führt, die mit Fix-Seilen ausgestattet ist.

Aufstieg über Leiter.

Gesegnet mit wunderbareren Eindrücken nehmen wir den letzten Abschnitt in Angriff. Auf dem Wanderweg zurück zur Gornergratbahn, die uns hinunter nach Zermatt bringt, blicken wir zurück Richtung Monte Rosa Gebirge, das uns im Festsaal der 4000er zwei Tage lang einmalige Glücksmomente beschert hat.

Der Gornersee kurz vor Gletscherbeginn.

Fakten / Infos zur Tour

Schwierigkeit: T4, schwierig. Der Zustieg zur Hütte ist im zweiten Teil keine gewöhnliche Alpinwanderung, sondern eine Gletschertour. Steigeisen, Pickel, Anseilgurt und Bergseil gehören zur Grundausrüstung. Der Weg ist blau-weiß markiert, auf dem Gletscher sind Markier-Stangen platziert. Eine gute Ausdauer ist wichtig. Die Übergänge auf den Gletscher sowie die Passagen auf dem Gletscher verändern sich ständig und sind oft sehr heikel.

  • Dauer pro Weg 4-5h
  1. Tag Aufstieg 500m, Abstieg 440 HM, Distanz 9 km
  2. Tag Abstieg 470 HM, Aufstieg 540HM, Distanz 8 km
    Koordinaten der Hütte 629.146/089.553
  • 2883 M.ü.M
  • Ausgangspunkt Zustieg: Rotenboden
  • Karten 1348 Zermatt(1:25000) 284 Mischabel (1:50000)
  • In der Hütte kann auch mit Kreditkarte bezahlt werden

Ausrüstungs-Tipps / Packliste

  • ca. 30 Liter Bergrucksack von Tatonka
  • 1 Liter Getränk pro Person
  • leichte Knabbereien für unterwegs
  • stabile Bergschuhe
  • angepasste Steigeisen, Pickel, Anseilgurt
  • Teleskopstöcke
  • Bekleidung im Schichten-System
  • Sonnenschutz: Sonnenmütze, Sonnenbrille, Sonnencreme und Lippenpbalsam mit Lichtschutzfaktor
  • leichter Hüttenschlafsack (ist obligatorisch in der Hütte)
  • Stirnlampe
  • leichtes First Aid Kit
  • persönlicher Waschbeutel
  • Handy / Smartphone mit Powerbank, Fotoapparat
  • wenn vorhanden: SAC, DAV, ÖAV Mitgliedschaftskarte

Lese-Tipp: Welche Vorteile du mit einer Mitgliedschaft in einem Alpenverein hast, erklären wir dir in diesem Artikel: DAV-Mitgliedschaft: Sinnvoll oder zusätzlicher Kostenfaktor?

Michi Bösiger vor der Gletscherlandschaft auf dem Weg zur Monte Rosa Hütte.

Autor und Guide: Michi Bösiger
Fotos: Caroline Micaela Hauger www.peakart.ch